Kindheitserinnerungen zum Osterfest

Aichhalder Nachrichten

Bericht aus Erzählungen älterer Rötenberger Mitbürger zusammengestellt von Edith Maier

Nach den langen, dunklen Wintermonaten kündigte sich nun endlich der Frühling an. Jung und Alt freute sich auf Ostern. Ein kirchliches Hauptfest, welches mit der Passionszeit begann. An Gründonnerstag Abend ging man in Tracht, die Männer auch in Anzug mit schwarzer Krawatte, in den Abendmahlsgottesdienst. An diesem Abend wurde zum Vesper keine Wurst aufgetischt, sondern, wie auch am Karfreitag, die übliche Brotsuppe und manchmal auch Backsteinkäse. Diesen konnte man im „Juniora Laden“ kaufen oder später auch über die Milchgenossenschaft beziehen. 

Der Karfreitag begann mit dem alten Brauch einer Karfreitagsbrezel zum Morgen. Es war ein sehr ernster Tag. Die Leute gingen schwarz gekleidet zum Gottesdienst und Abendmahl. Zum Mittagessen gab es bei vielen abgeschmelzte Suppe und eine Mehlspeise mit eingemachtem Obst oder Spiegeleier mit Salat. Weil kaum jemand einen Fischweiher besaß und es im Laden bis in die 50er-Jahre auch keinen Fisch zu kaufen gab, kam so ein Gericht an Karfreitag nur bei denen auf den Tisch, die heimlich im Schoren- oder Fuchtbächle ein paar Forellen fingen. Nachmittags machten die Familien einen Spaziergang oder Verwandtschaftsbesuche. Singen und lustig sein und auch Wirtshausbesuche waren an diesem Tag nicht erlaubt, nicht mal Kartenspielen und Vergnügungen zu Hause. Ab dem Jahr 1933 gab es Beeinträchtigungen der kirchlichen Ordnungen und von da an war der Karfreitag lange Jahre ein ganz normaler Arbeitstag. 

Am Abend des Karsamstags wurden die Ostereier gefärbt. Eierfarben gab es als Pulver in den Rötenberger Läden zu kaufen. Arme Familien nahmen Zwiebelschalen und Rote-Bete-Saft zum Färben. Während des Krieges, als es keine Eierfarben zu kaufen gab, behalfen sich die Leute auch mit Kaffeesatz aus geröstetem Gerstenkaffee. Daraus entstand aber nur eine braune, unschöne Farbe. Zur Verzierung konnte man die Eier vor dem Kochen und Färben mit Blättern, Gräsern und Blüten umwickeln. Das ergab dann hübsche Kunstwerke.

Nun kam der Ostertag. Seit der Zeit, als Pfarrer Götz in Rötenberg wirkte, begann der Ostersonntag schon vor Tagesanbruch mit der Auferstehungsfeier auf dem Friedhof unter Mitwirkung vom Posaunenchor. Beim anschließenden Ostergottesdienst sang immer der Kirchenchor.

Am Ostersonntag gab es, wie an jedem Sonntag, Weißbrot (ungesäuertes Brot) zum Frühstück, da hielt man sich an biblische Vorgaben. Das Festessen am Mittag bestand aus Braten oder gekochtem Schinken mit Spätzle und Kartoffelsalat oder Krautsalat. Wenn der Frühling schon richtig im Land war und das Grün sprießte, konnten die Kinder die erste Brunnenkresse sammeln für einen frischen Salat. Der Nachmittag war gefüllt mit Besuchen und die Kinder durften spielen. Ein beliebtes Spiel im Grünen war Eierlaufen, wo die Kinder die gekochten Eier auf einem Kochlöffel balancierten. Oder Eier werfen. Die stabilsten, die dabei nicht zerbrachen, hatten gewonnen. Und die zerbrochenen wurden oft flugs von den frei laufenden Hühnern aufgepickt, die meistens schneller waren als die Kinder. Die Erwachsenen machten einen Spaziergang zur Flurbegehung. Dabei war es das Schönste, wenn man einen Bund Schlüsselblumen pflücken konnte. Beim Kirnbach blühten immer die Ersten. Fröhliche Frühlingslieder wurden während des Spaziergangs gesungen. 

Wenn der Kalender das Osterfest etwas später angab, waren oft schon die ersten Küken geschlüpft, zur zusätzlichen Freude für die Kinder. Natürlich gab es genauso weiße Ostern im Schnee. 

Die Kinder suchten am Sonntag ihr Osternestle. Im Laibkörble lagen, je nach Kinderschar, ein oder mehrere bunte Eier und manchmal auch ein Zucker- oder Rahmhase. Der ließ Kinderherzen höher schlagen. Anfangs konnte man die leuchtend roten, glänzenden Zuckerhasen beim „Hasen-Paul“, das war der Botta-Bäck, und später in der Bäckerei Fuchs kaufen. Für die Kinder war es zum Jubeln, wenn sie die versteckten Naschereien entdeckten. Während des Krieges mussten die Eier abgeliefert werden, so waren nur ein paar heimlich zurück behaltene zum Färben da. Der Ostersonntag war ein fröhlicher Tag und die Lausbuben hatten viele Späße im Sinn. Die jungen Männer veranstalteten derweil im Gasthaus Pflug um die Wette „Rohe Eier austrinken“. Der Rekord lag bei zehn Stück!

Am Ostermontag wurde nicht streng Feiertag gehalten, da schaffte man im Haus, zu tun gab es ja immer genug. Es war jetzt Frühling, die Feld- und Gartenarbeit rief, und die dunkle, schwere Winterzeit konnten alle erleichtert hinter sich lassen. 

In diesem Sinne Ihnen allen ein frohes Osterfest 2024!